Wenn ich schon vor 3 Monaten glaubte, dass das erste Vierteljahr mit unserem Vincent, dem kleinen Rocker, nur so gerast ist und den Blick fürs Wesentliche geschärft hat, so blicke ich heute auf ein halbes Jahr zurück und kann es kaum fassen: 6 Monate!
6 Monate mit dem kleinen Mann!
6 Monate unfassbares Glück, eine neue Dimension von Liebe.
6 Monate tägliches Staunen – über Fortschritte, Veränderungen, klitzekleine Glücksmomente.
Aber auch 6 Monate in einem vollkommen neuen Leben. Einem Leben zwischen Glückstaumel, so noch nicht da gewesenem Drang nach Fürsorge, einem immensen Beschützerinstinkt und den unterschiedlichsten Formen von Angst. So hat uns Vincent im ersten halben Jahr seines kleinen Lebens an Grenzen gebracht, von denen wir zuvor nichts ahnten – sei es emotional, körperlich oder organisatorisch.
Leider musste Vincent alleine in diesem Jahr schon 2 mal für ein paar Tage ins Krankenhaus – einmal wegen seiner Baby-Neurodermitis, die den tapferen kleinen Kerl an manchen Tagen furchtbar quält, einmal inklusive Blaulicht wegen eines Fieberkrampfes, der in uns eine Angst weckte, die ich rückblickend so noch nie erlebt habe. Die Form von Sorge, die man dem eigenen, kranken Kind entgegenbringt, hat mit keiner Form von
(Für-)Sorge zu tun, die man gegenüber dem Partner, den Eltern, der Familie oder Freunden empfindet. Sie macht so viel empfindlicher und ist um ein Vielfaches nervenaufreibender.
Es ist auf einmal ok, wenn der Rocker nur im großen Bett in den Schlaf findet, weil ihn die Tage im Krankenhaus anhänglicher und schmusiger gemacht haben. Das geht vorbei, ist aber in solchen Zeiten so wichtig. Prinzipien werden über Bord geworfen, nur das was gut tut, zählt.
Es ist die Verantwortung für diesen kleinen Mann, die so groß ist und zeigt, um was es im Leben wirklich geht. Um was es sich zu sorgen lohnt. Um was die eigenen Gedanken kreisen sollen.
Dann ist genau diese Verantwortung wieder so erdrückend, dass man platzen möchte:
Mache ich alles richtig?
Sind wir gute Eltern?
Was sind überhaupt gute Eltern?
Wird er ein gutes Leben haben, so, wie wir es uns für ihn vorstellen?
Ich hätte nie gedacht, dass ich eine Träne verdrücken muss, wenn sein kleines Beistellbett seinem großen Bett weicht. Dass es komisch wird, die Nähe beim Stillen nicht mehr mit ihm zu teilen. Dass es mir schwer fällt, ein paar Stunden ohne ihn zu sein. Dass ich mich nachts mehrfach über sein Bett beuge, um ganz sicher zu sein, dass er auch atmet, gesund ist. Dass es ihm bloß gut geht. Kein Wunsch könnte größer sein, als dieser.
Die Umstellung in den ersten Monaten, von denen ich Euch hier geschrieben habe, weicht immer wieder neuen Herausforderungen im gemeinsamen Alltag, im neuen Leben mit dem Rocker:
Schon wieder eine Windelgröße mehr? Ahhhh – deshalb war die nicht mehr dicht!
Ja, genau, die dritte Maschine Wäsche heute. Ja, auch heute wieder.
Was? Schon wieder zu DM? Da warst Du doch erst vor 4 Tagen?!
Er kann beim besten Willen noch keine Käsefüße haben. Hat er nicht, oder?
Er zerkratzt sich. Schon wieder. Armes Häschen, diese doofe Haut!
Gucke mal, ich habe neue Augenringe. Viel dunkler und größer als die alten!
Die Geräuschkulisse in der Nacht – so vielfältig. So anders.
Fläschen waschen. Auskochen. Befüllen. Füttern. Und von vorn.
Du hast abgestillt? Sieht man!
Er will getragen werden. Nur so. Weil Rumgucken so schön ist, auch stundenlang!
Schlaf, Vinci, bitte, schlaf! Nur ein bißchen!
Du musst in dieses Ölbad, Schatz! Auch wenn es juckt! Gerade WEIL es juckt.
Tapferer Schatz!
Genauso darf man aber die rasanten Entwicklungsschritte bestaunen:
Das bewusste Erkennen von Mama & Papa – beim Betreten des Raumes genauso, wie beim Verlassen – großes Theater! Und großes Glücksgefühl!
Die ersten bewussten Greifversuche nach allem, was blinkt, wackelt, bunt ist.
Hast Du eben „SchlaSchla“ zum Gürtel gesagt? Und zum wackelnden Handtuch? Meinst Du „Schlange“? (… Bestimmmmmmmt!)
Das Giggeln und die großen Augen, wenn die Nuckelflasche in Reichweite kommt – jaaaa, ich erkenne sie!
Diese kleinen Speckbeine.
Mamama, nene, grrrgrrr, pappap, bssss, leeee.
Die 3 neuen Flauschhaare, ja da sind neue gewachsen!
Du hast abgestillt – yeah, endlich wieder Wein, Rohmilchkäse und andere Schweinereien!
Die ersten Brei-Ess-Versuche.
Sein Gesichtsausdruck beim ersten Löffel Obstbrei.
Sein Schmusebedürfnis.
Sein Blick.
Sein aufmerksames Zuhören und Staunen bei seiner Taufe.
Dieses Bedürfnis nach gegenseitiger Nähe.
Seine Wärme.
Das unbeschreibliche Glück wächst. Jeden einzelnen Tag. Mit jeder Sekunde.
Diese unfassbare Liebe wächst. Jeden Tag. Mit jedem Augenschlag.
Nach einem halben Jahr mit dem Rocker kann ich mir – können wir uns – keinen Tag mehr ohne ihn vorstellen. Als wäre es immer so gewesen. Tage ohne ihn sind unrealistisch. Machen unvollkommen und sind leer. Sinnfrei.
Ob das wieder anders wird?
Sicher, wenn er erwachsen ist und auf eigenen Beinen steht.
Aber die Liebe, die bleibt.
Eure
Jane
1 Kommentar
9 Monate mit dem Rocker: über neue Werte, andere Ziele und bedingungslose Liebe | cookies for my soul
26. Juni 2016 at 19:52[…] Lebens. Neben all den kleinen und großen Veränderungen, von denen ich schon nach 3 Monaten und 6 Monaten mit dem Rocker geschrieben hatte, ist die Verschiebung der eigenen Werte und neue Sichtweise auf […]